Das Leben steht still, die Stadt im Lockdown. Was macht dann ein Filmemacher, dazu in einer Stadt, in der ja praktisch nichts mehr los ist? Die Antworten fallen ganz unterschiedlich aus. Beeindruckt hat mich besonders ein Film über die australische Metropole Sydney.
Der Kurzfilm des Australiers Dayne Hudson zeigt gespenstischen Bilder aus Sydney, einer wie leergefegten Metropole. Bilder vom Stillstand – und wir hören den Sound des Stillstands, sozusagen: Der Klang der Krise. Das sind mitunter feine Geräusche, die wir sonst im Alltagstrubel kaum wahrnehmen.
Der Filmemacher Dayne Hudson ist in Sydney aufgewachsen. Der 32jährige hatte sich spontan entschlossen, diesen Film zu drehen, ganz ohne Auftrag. Ihm zur Seite standen der Kameramann Erasmus Ballmer und der Cutter und Sound Designer Mark Parry.
„Sounds of a City“, Dayne Hudson, 2020
Sieben Fragen an Dayne Hudson
Was ist Ausgangspunkt Ihrer Arbeit als Filmemacher, was ist Ihre Philosophie?
„Die Geschichte steht an erster Stelle, zusammen mit dem, was das Publikum denken und fühlen soll. Ist es etwas, das Sie dazu bringt, eine Frage zu stellen? Kann es ihre Sicht der Welt verändern? Filme haben die Macht, das zu tun, und ich kenne nichts, was der Magie näher kommt, als das Filmemachen.“
Wie kam es zu der Idee zu diesem Kurzfilm?
„Ich trainierte im Garten, während ich den Vögeln zuhörte, und dachte: ‚Bevor die Stadt Sydney gebaut wurde, waren das dieselben Geräusche, die es dort gegeben hätte, wo die Stadt jetzt ist.‘ Mir wurde klar, dass die „Geräusche“ der Stadt einzigartig sein würden, wenn niemand in der abgeriegelten Stadt ist. Sie würde (fast) wie ein friedlicher Ort klingen, ähnlich einem Park. Doch gleichzeitig würde man die Rolltreppen und Züge mit einer zentrierten Klarheit hören.“
Worum ging es thematisch, was war der Impuls, diesen Film zu machen?
„Ich dachte auch: ‚Wie werden wir den künftigen Generationen die Nacktheit der Stadt beschreiben?‘ Man müsste das schon einfangen, um es glauben zu können. Wir haben leere Städte in Science-Fiction-Filmen gesehen, aber wir haben sie noch nie im wirklichen Leben gesehen. Ich rief sofort den Kameramann Rasmus Callmer an und fragte ihn, ob ich ihn morgen früh abholen könne, um den Film zu drehen. Er stimmte zu, und der Film erwachte zum Leben!“
Wie lief der kreative Prozess ab? Gab es ein Skript, wie wurde das entwickelt?
„Wir drehten einen ganzen Haufen Filmmaterial, und der Cutter Mark Parry stellte einen ersten Schnitt zusammen, der brilliant war. Wir kamen dann alle zusammen, um darüber zu diskutieren, wie wir den ersten Schnitt noch weiter vorantreiben und noch straffer gestalten könnten.“
Warum haben Sie sich gerade auf dem Sound konzentriert?
„Eine leere Stadt ist für ein paar Aufnahmen interessant; man kann sich einen leeren Ort vorstellen. Aber etwas Faszinierenderes (und was man sich nicht so leicht vorstellen kann) ist, wie eine leere Stadt klingt. Und daher beschloss ich, den Film „Sounds Of A City“ zu nennen. Es klingt seltsam, aber der Ton eines Films ist genauso wichtig wie die visuelle Darstellung, und in manchen Fällen sogar noch wichtiger. Gehen Sie zurück und sehen Sie sich Ihren Lieblingsfilm an, ohne sich die visuellen Eindrücke anzusehen: Das wird Sie umhauen!“
Und zu diesem Zeitpunkt(August), wie ist das Leben in Sydney?
„Selbst heute ist es nicht so lebendig, wie es einmal war.“
Und inwiefern hat sich Ihr Leben in diesen Monaten verändert?
„Ich bin nicht mehr in ein Büro gegangen, seit ich zu Hause eingesperrt war, sondern habe aus der Ferne gearbeitet. Das Leben hat sich sicherlich verändert. Aber mit der Veränderung kommt die Gelegenheit, die Chance, diesen Film zu drehen und anschließend mit Ihnen zu sprechen, Kay!“
„Sounds Of A City“ sprach zur Wahrheit der Welt, wie sie damals war. COVID-19 ist etwas, das die Welt nie vergessen wird, und es ist wichtig, dass wir dokumentieren, wie die Stadt war: so still und leer wie nie zuvor.
– Dayne Hudson
Kommentare von Kay Dethlefs