This post is also available in: English (Englisch)
Hamburgs neuer Geheimtipp in der Kunstszene ist die Reginenstraße Nr. 8. Die Adresse klingt freundlich und wohnlich, lässt einen an eine ruhige Nebenstraße denken. Wer in Rothenburgsort an der Bushaltestelle Billhorner Röhrendamm aussteigt, ahnt schon, dass es anders kommen wird.
Die Reginenstraße liegt zwischen schmucklosen Bürogebäuden und dem Autobahnzubringer – hier lagern Schiffscontainer und hier parken jede Menge LKW.
Erst auf den zweiten Blick wird klar: Ja, in dieser Industrielandschaft gibt es tatsächlich Kunst – in einem ehemaligen Pförtnerhaus auf einem Firmengelände.
„Ich habe mich sofort in den Raum verknallt!“
Dieses Projekt ist die Idee zweier Profis aus dem Kunstbetrieb: Nadine Droste aus Hamburg und der Österreicher Nick Oberthaler. Die beiden wollen hier jungen Künstlern eine Chance geben, sich auszuprobieren. Das Pförtnerhaus ist keine Galerie, hier wird auch nichts verkauft. Künstler aus Hamburg und auch aus Österreich bekommen eine Chance, zu experimentieren, und das abseits des kommerziellen Galeriebetriebs. Das ungewöhnliche Projekt trägt den Namen VIS, lateinisch für „Kraft“. Die Idee kommt gut an. Die beiden erhalten Fördergelder der Stadt Hamburg und aus Österreich. Für Nadine Droste stand fest, dass es ein Raum in den Vierteln Hammerbrook oder Rothenburgsort sein sollte. „Ich habe mich sofort in diesen Raum verknallt“, sagt die Kuratorin. Und auch der Künstler Nick Oberthaler ist begeistert: „Ein solches Viertel mit einem solchen Raum gibt es bei uns in Wien überhaupt nicht.“ Wobei er kritisch auf die Mieten in Hamburg blickt: „Die Preise sind teils doppelt so hoch wie in Wien.“
„Dense cloud“ – Ausstellung von Torben Wessel
Der Hamburger Künstler Torben Wessel, Student an der Hochschule für bildende Künste, bekam die Chance, hier auszustellen. Er beschäftigt sich mit Phänomenen im Internet und der digitalen Welt.
Die Videoinstallation „shuffle“ hat er eigens für diesen Raum angefertigt. Ausgangspunkt sind Fotografien. Das Werk, eine 3D-Animation, ist dann im Computer entstanden. Und damit hat er Wochen zugebracht. „Allein einen fallenden Tropfen zu berechnen, kann einen Dreivierteltag dauern“, erzählt er. Die Kenntnisse hat er sich Torben Wessel überwiegend selbst beigebracht, denn die Kunstrichtung ist noch neu.
Video-Installation „shuffle, Torben Wessel, Hamburg, 2018:
Mit der Resonanz auf die Kunst im Pförtnerhaus sind die beiden Ausstellungsmacher zufrieden – ihr Projekt hat sich in der Kunstszene und in den sozialen Medien herumgesprochen. Demnächst werden hier Künstlerinnen aus Österreich erwartet.
Nachtrag: Die letzte Ausstellung fand am 27. Juli 2019 statt – mit der Künstlerin Sahra Ortmeyer („Palma“). Die Kuratorin Nadine Droste verlässt Hamburg, sie wird wird künftig den Kunstverein in Bielefeld leiten.
Kommentare von Kay Dethlefs