Das umstrittene Kunstwerk „People’s Justice“ auf dem Friedrichsplatz in Kassel wurde erst verhüllt, dann ganz abgebaut. Die monatelange Diskussion um antisemitische Inhalte auf der documenta fifteen erreichte damit ihren vorläufigen Höhepunkt. Dem Künstlerkollektiv Taring Padi aus Indonesien wird vorgeworfen, in dem Werk an zwei Stellen eine antisemitische Bildsprache zu transportieren.

Das großformatige Kunstwerk „People’s Justice“ auf dem Friedrichsplatz, Fotocredit: Andreas Weber
Das verhüllte Kunstwerk „People’s Justice“ auf dem Friedrichsplatz, Kassel, Foto: Andreas Weber

Die Debatte um dieses Werk eskaliert zusehends. Die Medien aus allen Richtungen teilen aus, einmal ist es „Die documenta der Schande“ (BILD-Zeitung) ein anderes Mal kommt es von der Süddeutschen: „Der Hass von Kassel“.

Vorwurf: Anti-semitische Bildsprache

Und um diese beiden Bildmotive geht es: Ein Soldat (von der Plane schon etwas bedeckt) mit Schweinskopf und Davidstern auf dem Halstuch – auf dem Helm steht der Schriftzug Mossad. Ganz rechts in der Mitte findet sich ein Kopf mit Schläfenlocken, mit Melone und den Buchstaben SS und rot unterlaufenen Augen.

Das Werk „People’s Justice“ wird abgedeckt. Fotocredit: Gerard Kaaij

Viele Besucher wirken nachdenklich, einige sind ratlos, andere sind empört. Und zwar darüber, dass das Kunstwerk abgebaut wird. Das erlebe ich bei einigen Besuchern, mit denen ich am Tag darauf rede. Ein Ehepaar aus der Nähe von Osnabrück, Rainer Wördehoff und seine Frau, verstehen nicht, wie es überhaupt zu diesem Medienwirbel kommen kann. „Ob ich dieses Werk ansehe, das kann ich doch wohl selbst entscheiden!“, sagt seine Frau. Einige Reaktionen der Verantwortlichen empfindet sie als kleinmütig. Die beiden sind so genervt, dass sie abreisen wollen.

„Besucher kritisieren Wimmelbild-Abriss“

Auch die lokale Presse hat mit Besucher:innen der documenta gesprochen und kritische Stimmen zitiert, wie in der Hessischen Allgemeinen vom 22. Juni: „Besucher kritisieren Wimmelbild-Abriss – Stimmen aus dem documenta-Publikum über die Grenzen der Kunstfreiheit“. Dort wird ein Besucher aus Braunschweig zitiert, der gerade aus Israel mit einer Gruppe angereist ist. Er habe in seinem Jahr in Israel gelernt, wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen. Und genau das fehle ihm hier in Kassel.

Mich hat noch der Hinweis einer jungen Frau aus Kassel überrascht, die erwähnt, dass dieses Wandbild eine Geschichte erzählt, was allerdings nirgendwo erwähnt wird. Das könne man im Netz mühelos nachlesen. Übrigens ist im Netz auch leicht nachzulesen, welche Rolle Israel in der Politik Indonesiens spielt.

Die aktuellen Meldungen der Documenta zu dem Thema finden sich auf der Website:

https://documenta-fifteen.de/

Eine Erklärung des Künstlerkollektivs Taring Padi findet sich hier:

https://documenta-fifteen.de/news/statement-von-taring-padi-zum-abbau-des-banners-peoples-justice/

Unser Documenta-Podcast: Der Link zur ersten Podcast-Episode mit den Kunsthistoriker:innen von KUNST + kaviar, das sind Anjelika Spöth und Karina Chernenko.

https://hamburgarts.de/documenta-podcast-mit-kunst-und-kaviar/

Danke an den Fotografen Andreas Weber aus Kassel für die Fotos

Andreas Webers Website:  https://www.stars-fuer-eine-nacht.de/

Danke an Gerard Kaaij aus Amsterdam für die Fotos.

Autor: Kay Dethlefs