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Der wichtige Teil der Installation Return to Sender befindet sich im Innern des Hauses aus Abfallballen: Mit einem Video informiert das Kollektiv The Nest Collective aus Kenia über das Thema Altkleider: Bei uns als Spenden eingesammelt und als wohltätig deklariert ist unsere Wegwerfmode in afrikanischen Ländern nicht länger erwünscht – der Hintergrund ist brisant, vor allem auch politisch.

Installation „Return to Sender“ in Kassel, Besucher

Fast Fashion für die Mülldeponie

Im Kern wird Kritik daran geübt, dass die Textilballen seit Jahren einen zu hohen Anteil an Fast Fashion enthalten, gemeint ist Billigmode, die selbst in Afrika nicht mehr zu verwerten sei. Diese Altkleider landen dann direkt auf der Mülldeponie, erläutert mir einer der Aktivisten und Künstler, Sunny Dolat in Kassel. Damit werden die gespendeten Textilien vor Ort zum Problem, nämlich für die Umwelt. Im Klartext: Die Aktivisten von The Nest Collective halten den beteiligten Unternehmen vor, auf diese Weise ihren Textilmüll auf Mülldeponien in Afrika zu entsorgen.

Aktivist und Künstler Sunny Dolat aus Kenia in Kassel

Eine Frage der Würde

Ein Aspekt, der vielen von uns nicht immer bewusst ist: Auch die Menschen vor Ort in Afrika spüren, dass sie getragene Textilien tragen. Der Grund, warum viele Menschen zu Second-Hand Artikeln greifen, sei eindeutig: Sie könnten sich eben keine anderen Sachen leisten. Einer der afrikanischen Interview-Partner in dem Video hat offensichtlich ein gutes Einkommen – er trägt einen top-eleganten Anzug mit Einstecktuch. Und er formuliert es so: Es sei für ihn auch eine politische Frage, ob er sich morgens aussuchen kann, welchen seiner Anzüge er an dem Tag tragen möchte. Es sei übrigens für Familien überaus wichtig, an besonderen Feiertagen mit ihren Kinder in neuer Kleidung in der Kirche oder wo auch immer zu erscheinen.

Textilballen, Return to Sender, documenta fifteen

Nützen denn unsere Spenden gar nichts?

Das Thema ist komplex. Und einige Fakten, die The Nest Collective präsentiert, sollte man sich vor Augen halten: Denn danach werden schon vor Ort, sei es in Deutschland oder in den USA, die wirklich guten, brauchbaren Textilien aussortiert. Die Textilballen mit hohem Anteil an unbrauchbaren Sachen, so die Aktivisten, gehen dann nach Afrika, wo kleine Händler sie auf Märkten verkaufen, und auf diese Weise finanziell über die Runden kommen. Das ist der wohltätige Aspekt an der ganzen Geschichte. Und dies ist die hässliche Seite: Wie mir der Aktivist Sunny Dolat in Kassel berichtet, kann die heimische Industrie mit den Billigpreisen nicht mithalten. Das soll schon tausende Arbeitsplätze gekostet haben, bringt also Menschen in die Armut.

So einfach, wie es klingen mag, ist der Fall nicht zu lösen. Das Interesse der Lobbyisten der Recycling-Industrie in den USA sei besonders groß, dass diese Situation bestehen bleibt.

Hier der Link zu meinem ersten Artikel zu dem Kunstprojekt Return to Sender auf der documenta fifteen.

https://hamburgarts.de/documenta-fifteen-return-to-sender-unser-muell-kommt-zurueck/

Autor: Kay Dethlefs